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Schweizer Institutionelle hinken beim nachhaltigen Anlegen hinterher

Institutionelle Anleger in Europa achten bei Nachhaltigkeit verstärkt auf ökologische und soziale Themen. Nicht so in der Schweiz: Nur 14% der Vorsorgeeinrichtungen mit unter 500 Mio. USD Anlagevermögen haben schon ESG-Risiken berücksichtigt.

Institutionelle Anleger in Europa und im United Kingdom richten ihr Augenmerk verstärkt auf ökologische und soziale Themen. Bereits 76% dieser Anleger haben ESG-Themen (Environment E, Social S, Governance G) und damit verbundene Risiken im Fokus. Dabei steht zwar die Umwelt nach wie vor im Mittelpunkt des Interesses, doch beginnen immer mehr Investoren, ihren Schwerpunkt auf soziale Faktoren (27%) wie Humankapital und Arbeitsrechte auszuweiten. Dies geht aus den «Mercer European Asset Allocation Insights 2021» hervor. Die Studie beleuchtet verschiedene Fragen in Bezug auf die Anlageallokation europäischer Vorsorgeeinrichtungen. Sie bietet einen umfassenden Überblick über die Anlagestrategien in der britischen und europäischen Pensionsbranche und zeigt neue Trends im Verhalten von rund 850 institutionellen Anlegern in elf Ländern auf, die ein Gesamtvermögen von rund einer Billion Euro repräsentieren. Etwa die Hälfte der befragten Einrichtungen verwaltet unter 100 Millionen US-Dollar.

Nachhaltigkeit ist in der Schweiz noch kein Trend

Die Schweiz stellt im europäischen Vergleich eine klare Ausnahme dar: Hier haben gemäss Studie nur 14% der Vorsorgeeinrichtungen schon ESG-Risiken berücksichtigt. Zudem konzentrieren sie sich fast ausschliesslich auf Umweltfaktoren. Zu beachten gilt auch, dass an der Mercer-Studie mehrheitlich kleinere Pensionskassen teilgenommen haben; 75% liegen unter 500 Millionen US-Dollar Vermögen. Sie handeln bei strategischen Themen oft langsamer.

«Die Studie macht deutlich, dass es vor allem bei kleineren Einrichtungen in Punkto nachhaltige Anlagen noch Verbesserungsbedarf gibt. Nicht nur aus moralischer, sozialer und politischer Sicht sollte ESG zum Thema werden; es zeigt sich auch, dass nachhaltige und Impact-Investments gut für die Risikoabsicherung des Portfolios und letztlich die Rendite sein können», kommentiert Tobias Wolf, Head Advisory bei Mercer Schweiz, die Ergebnisse. Allerdings verfügten kleinere Kassen oft nur über unzureichende Ressourcen für derartige strategische Themen, räumt er ein. Sehr grosse Kassen und Stiftungen würden andererseits oft eine Vorreiterrolle einnehmen; auch international, mit sehr fortschrittlichen Strategien und Umsetzungsansätzen, wie er ergänzt.

Während der Pandemie kam es zu einem starken Anstieg der ESG-Investitionen

Die Zahl der europäischen Anleger, die eine kohlenstoffarme oder klimabezogene Indexierung verwenden, ist im Vergleich zum letzten Jahr stark gestiegen (26% gegenüber 6%). Die Studie zeigt, dass eine grosse Mehrheit der Anleger ESG in alle Aspekte ihrer Tätigkeit integriert, einschliesslich der Auswahl (83%) und Überwachung (88%) von Investmentmanagern, der Berichterstattung (79%) und der Vermögensallokation (64%). Die Umfrage zeigt auch, dass die Anleger von einer eher reaktiven zu einer proaktiven Haltung übergehen, wobei regulatorische Faktoren als Motivation für die Berücksichtigung von ESG-Risiken an Bedeutung verlieren (67% nannten dies als Hauptgrund, gegenüber 85% im Vorjahr).

«Während der Pandemiezeit, die für viele Anleger eine grosse Herausforderung darstellte, kam es in ganz Europa zu einem starken Anstieg der Investitionen in nachhaltige Investmentfonds», so Joanne Holden, Global Head of Investment Research bei Mercer. «Obwohl Umweltthemen nach wie vor im Mittelpunkt stehen, ist es ermutigend zu sehen, dass viele Anleger beginnen, die sozialen Auswirkungen ihrer Anlagen zu berücksichtigen», ergänzt er. Die Anleger würden sich bewusst, wie die Elemente innerhalb des Komplexes ESG zusammenhingen, und wie Menschen und der Planet miteinander verbunden seien. «Und da die Unternehmensverantwortung ganz oben auf der Tagesordnung der Vorstände steht, wollen immer mehr Unternehmen ihren Teil zur Unterstützung von Themen wie Menschenrechte, gerechte Bezahlung und soziale Gerechtigkeit beitragen», sagt er.

Allokationen in alternative Anlagen steigen

Die Mercer-Studie zeigt auch auf, dass die Allokation in alternative Anlagen inzwischen fast gleich hoch ist wie diejenige in Aktien, oder in einigen Fällen (Grossbritannien und Deutschland) sogar höher. Die Abkehr von Aktien setzt sich bei britischen und europäischen Anlegern fort (von 22% auf 21% durchschnittliche Allokation in den Gesamtportfolios), da sie versuchen, ihre Renditetreiber zu diversifizieren, sich gegen Marktvolatilität zu schützen und inflationsgeschützte Renditeströme zu erschliessen. Viele leistungsorientierte Anleger streben zunehmend (von 18% auf 20%) eine Diversifizierung über alternative Anlageklassen, wie etwa festverzinsliche Wachstumsanlagen, Private Equity und Realwerte an.

In der Schweiz zeigt sich wiederum ein anderes Bild: Die typische Allokation in Alternatives beträgt lediglich 7%, wohingegen Obligationen, Aktien und Immobilien mit 33%, 31% bzw. 23% nach wie vor die Portfolios dominieren. «Wir sehen weiter enorm viel Potenzial für Schweizer Anleger, die vielfältigen Vorteile einer höheren Allokation in Alternatives auszunutzen: Bessere Diversifikation, optimierte Risiken und langfristig höhere Renditechancen, insbesondere bei Ausnutzung der Illiquiditätsprämien in den privaten Märkten», so Matthieu Mougeot, Investment Solutions Leader bei Mercer Schweiz.

Änderungen an der Anlagestrategie scheinen schwierig

Die Mehrheit der Anleger (53%) plant, für die Zukunft Lehren aus der Corona-Pandemie zu ziehen, indem sie ihre Anlagestrategie, die Mandate der Manager oder die Governance des Plans überarbeiten. Eine beträchtliche Minderheit (38%) jedoch beabsichtigt nicht, als unmittelbare Folge der Ereignisse des vergangenen Jahres Änderungen an der Governance ihres Plans vorzunehmen.