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Schweizer Unternehmen sehen im Klimawandel grosse Geschäftsrisiken

Für die obersten Führungskräfte von Schweizer Unternehmen ist klar: Der Klimawandel ist real und hat spürbar negative Auswirkungen auf ihr Geschäft. Die Reaktion auf den Klimawandel ist dringlich.

In der Schweiz sind fast doppelt so viele Geschäftsleitungsmitglieder der Ansicht, der Klimawandel habe bereits irreparable Schäden verursacht, als im internationalen Durchschnitt. Führungskräfte von Schweizer Unternehmen sind sich darin einig, dass die Reaktion auf den Klimawandel dringlich ist. Doch obwohl sie einen grösseren Druck von ihren verschiedenen Anspruchsgruppen spüren als Unternehmen in anderen Märkten, setzen sie weniger Massnahmen um. Das geht aus dem Deloitte CxO Sustainability Report 2022 hervor.

Mehrheit beurteilt aktuelle Situation als Klimakrise

Deloitte hat mehr als 2’000 Geschäftsleitungsmitglieder in 21 Ländern befragt, wie sie die Auswirkungen des Klimawandels einschätzen, und wie sie reagieren. 8 von 10 (79%) der Befragten sind der Meinung, dass die Welt in Klimafragen heute an einem Wendepunkt steht; in der Schweiz sind es sogar 9 von 10 (89%). Eine noch deutlichere Mehrheit von 91% der Schweizer CxOs beurteilt die aktuelle Situation gar als Klimakrise.

Sofortiges Handeln wird befürwortet

Fast alle Befragten befürworten deshalb sofortiges Handeln, um die schlimmsten Effekte des Klimawandels abzufedern. Die Geschäftsleitungsmitglieder von Schweizer Unternehmen zeigen sich ausserdem deutlich kritischer, was die Folgen des Klimawandels angeht, als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Märkten: Für 60% hat der Klimawandel bereits irreparable Schäden verursacht – im weltweiten Durchschnitt teilen nur 35% diese Haltung.

Druck, das Engagement zu verstärken, steigt

In der Schweiz spüren die Befragten den Druck, die Anstrengungen gegen den Klimawandel zu verstärken, besonders deutlich von ihrem eigenen Verwaltungsrat. Ebenfalls starken Druck, wenn auch etwas weniger, spüren sie vonseiten Kundschaft und Aktionariat. Global gesehen üben die Regulationsbehörden am meisten Druck aus – in der Schweiz folgen diese erst auf Rang 4, gefolgt von eigenen Mitarbeitenden. Schweizer Unternehmen sind auch eher als der weltweite Durchschnitt der Meinung, dass die eigene Regierung gute Arbeit leiste, um den Klimawandel zu bekämpfen (Schweiz 76%, global 54%).

Schweiz hinkt bei Massnahmen mit grösster Hebelwirkung hinterher

Die Schweiz hinkt gemäss dem Bericht vor allem bei den Massnahmen mit der grössten Hebelwirkung hinterher. Am deutlichsten ist der Abstand bei der Entwicklung von neuen, klimafreundlichen Produkten und bei der Kopplung der Vergütung der Geschäftsleitung an konkrete Nachhaltigkeitsziele (Schweiz 23%, global 37%).

Nachhaltigkeit gilt als Reputationstreiber

«Wer etwas bewegen will, muss wissen, wo der Hebel am grössten ist», erklärt Marcel Meyer, Leiter der Abteilung für Nachhaltigkeitsdienstleistungen bei Deloitte dazu. So identifiziere der Bericht eine Reihe von Massnahmen, die deutlich mehr Wirkung erzielen würden als andere. Dazu gehöre die Durchsetzung von Nachhaltigkeitskriterien bei Lieferanten und Partnern, der Einbezug von Klimaüberlegungen in die Lobbyarbeit, ein Fokus auf die Entwicklung klimafreundlicher Produkte und Dienstleistungen, sowie ganz besonders, nachhaltigkeitsbezogene Leistungsziele für die Managementteams. Und er ergänzt: «Gerade in diesem Punkt haben viele Schweizer Unternehmen Aufholbedarf.»

Viele Unternehmen fürchten um ihre Reputation

Eine klare Diskrepanz zeigt sich laut Meyer zwischen Massnahmen mit interner und solchen mit externer Wirkung. Demnach schätzen Schweizer Befragte die Effekte ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen auf das eigene Unternehmen viel positiver ein als der globale Durchschnitt. Sie gehen insbesondere stärker von einer vorteilhaften Wirkung auf die Reputation (60% vs. 49%), die eigene Belegschaft (51% vs. 42%) und die Rekrutierung (48% vs. 35%) aus. «Unsere Studie lässt vermuten, dass sich viele Schweizer Unternehmen vor allem um Nachhaltigkeit bemühen, weil sie um ihre Reputation fürchten. Das ist eine bedenkliche Tendenz, denn der Klimaschutz dient ihrem eigenen Interesse und der langfristigen Werterhaltung und Wertsteigerung ihres Unternehmens», mahnt Meyer.

Kurzfristig ausgerichtete Ansprüche von Shareholdern bereiten Schwierigkeiten

Schweizer Geschäftsleitungsmitglieder treffen tendenziell auf andere Schwierigkeiten bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsmassnahmen als Kolleginnen und Kollegen aus anderen Märkten. Vor allem kurzfristig ausgerichtete Ansprüche von Aktionären und Investoren (33% vs. 25%) oder mangelnde Akzeptanz bei Linienmanagern (20% vs. 12%) bereiten Schwierigkeiten. Kosten spielen in der Schweiz hingegen eine eher untergeordnete Rolle (19% vs. 27%).

Schweiz könnte eine Vorbildfunktion einnehmen

Reto Savoia, CEO von Deloitte Schweiz und Mitglied des Leitungsteams von Deloitte North and South Europe, zeigt sich dennoch optimistisch: «Wir sehen die Führungsteams auf dem richtigen Weg, denn wir alle wissen, dass ein Richtungswechsel hin zur Klimaneutralität nur durch mutiges, gemeinsames Handeln zu schaffen ist.» Dennoch räumt er ein: «Viele Schweizer Unternehmen tun sich nach wie vor schwer damit, Klimaüberlegungen grundlegend in Kultur und Strategie einzubinden. Die Schweiz schlägt sich zwar nicht schlecht beim Klimaschutz. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass die Schweizer Wirtschaft in Klimafragen eine Vorbildfunktion einnehmen sollte.» Er sieht die Schweiz dank ihrer starken und innovationsfähigen Wirtschaft sowie den hervorragenden Bildungs- und Forschungsinstitutionen dafür bestens gerüstet.

Über den 2022 Deloitte CxO Sustainability Report

Der Bericht basiert auf einer Umfrage unter 2’083 Führungskräften auf C-Stufe (Geschäftsleitung). In der Schweiz waren es 75 Geschäftsleitungsmitglieder von Grossunternehmen. Die Befragung wurde im September und Oktober 2021 in 21 Ländern in den Regionen Europa, Südafrika, Nord- und Südamerika sowie Asien-Pazifik durchgeführt. In der Stichprobe waren alle wichtigen Branchen vertreten. Zusätzlich führte das Studienteam ausgewählte Einzelinterviews mit globalen Branchenführern.