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Für ‘Netto-null’ Emissionen braucht es vor allem Technologie

Produzenten fossiler Energien werden kaum früh genug deren Förderung beenden, um das Pariser Klimaziel zu erreichen. Darum sind technologische Methoden zur Rückholung von CO2 aus der Atmosphäre voranzutreiben, propagiert Avenir Suisse.

Die fossilen Energieträger müssten angebotsseitig zurückgedrängt werden, schreibt Lukas Rühli von Avenir Suisse (https://www.avenir-suisse.ch/konsumverzicht-hilft-wenig-gegen- den-klimawandel/). Tatsächlich liege der Fokus beim Klimaschutz jedoch stark auf dem Verbrauch fossiler Energieträger, also auf der Nachfrageseite. Das beginne mit dem Pariser Klimaabkommen, in dessen Rahmen mittlerweile die meisten grossen Staaten Netto-null- Ziele für ihre Treibhausgasemissionen kommuniziert hätten. Leider gehe die Angebotsseite dabei vergessen. Länder mit Erdöl-, Erdgas- oder Kohlevorkommen würden diese fördern, solange der Marktpreis die Förderkosten übersteige. Da letztere meist gering seien, seien in der Vergangenheit keine Auswirkungen des Marktpreises auf die Fördermengen sichtbar gewesen. Das Angebot fossiler Energieträger sei äusserst preisunelastisch – es werde also kaum beeinflusst von unserem Konsumverhalten, so Rühli.

Fördermengen von fossilen Energieträgern werden kaum abnehmen

Die Fördermengen von fossilen Energieträgern würden laut den Plänen von Ländern mit entsprechenden Vorkommen bis mindestens 2040 nicht etwa abnehmen, geschweige denn auf null sinken, prognostiziert Rühli. Stattdessen würden sie weiter steigen. So würden die zwei grössten Erdölproduzenten, die USA und Saudiarabien, die tägliche Förderquote in den nächsten zehn Jahren von 17 auf 20 bzw. von 12 auf 15 Millionen Barrel pro Tag erhöhen wollen. Und die beiden wichtigsten Erdgasproduzenten, die USA und Russland, würden bis 2040 einen Ausbau der Fördermenge von 950 auf 1130 bzw. von 750 auf 850 bis 1000 Milliarden Kubikmeter pro Jahr planen. Sogar bei der Kohle, dem Energieträger mit der schlechtesten CO2-Bilanz, zeichne sich bis 2040 weltweit bloss ein leichter Förderrückgang ab.

Was gefördert wird, wird auch verbraucht werden

Das Problem dabei ist für Rühli offensichtlich: Was gefördert wird, wird auch verbraucht werden. Sinke die Nachfrage von ökologischen Ländern mit restriktiven Klimaschutzmassnahmen, werde der Preis der verfügbaren fossilen Energieträger derart sinken, dass der gesamte Angebotsüberschuss von eher nicht so grünen Ländern nachgefragt werde. Die Anstrengungen ‘grüner Länder’ würden so keine Klimawirksamkeit entfalten, sondern einzig als Ölpreis-Subvention für die nicht-grünen Länder fungieren. Eine Klimapolitik, die diesen Sachverhalt nicht adressiere, sei schlicht wirkungslos.

Länder mit fossilen Energievorkommen müssten Förderung beenden

Um dieser Angebotsfalle zu entkommen, gebe es drei Möglichkeiten, wie Rühli aufzeigt. Die direkteste Antwort wäre es, Länder mit fossilen Energievorkommen davon zu überzeugen, diese im Boden zu lassen. Am ehesten wäre das über eine Entschädigung möglich. Finanziell sei das zwar tragbar, realpolitisch läge es jedoch im Bereich der Utopie, räumt Rühli ein. Zum einen müssten diese Deals – mit politisch oft instabilen Ländern – Jahrzehnte lang Bestand haben, und von beiden Seiten eingehalten werden. Zum anderen sei es unwahrscheinlich, dass sich die Weltgemeinschaft einigen könne, etwa Saudiarabien jährlich über 100 Milliarden Dollar fürs Nichtstun zu überweisen.

Alternative Energieträger müssten fossilen in Preis und Handhabung überlegen sein

Die zweite Möglichkeit wäre, dass die Produktion fossiler Energieträger versiegen würde, oder zumindest stark gedrosselt würde, wenn ein Marktumfeld erreicht wäre, in dem die Produzenten auf absehbare Zeit auch jene fossilen Rohstoffe mit tiefen Förderkosten nicht mehr gewinnbringend an den Markt bringen könnten. Das werde jedoch erst der Fall sein, wenn alternative Energieträger den Fossilen nicht nur im Preis, sondern auch in der Handhabung schlicht überlegen seien. Fossile Energieträger würden damit obsolet und entsprechend ungenutzt bleiben. Der Weg dahin führe aber über Innovationen, nicht über die Anpassung von Konsummustern, ist Rühli überzeugt.

Es braucht Methoden zur Rückholung von CO2 aus der Atmosphäre

Da diese Möglichkeit kaum früh genug erreicht werde, um das Pariser Klimaziel einhalten zu können, seien technologische Methoden zur Rückholung von CO2 aus der Atmosphäre konsequent voranzutreiben, schlägt Rühli vor. Diese würden zwar schon heute existieren, hätten ihre Marktreife aber noch nicht erreicht, da sie derzeit noch zu teuer seien. Würde in solche Methoden nur ansatzweise so viel Geld investiert wie für andere Klimaschutzmassnahmen, so könnten sie vermutlich schon sehr bald erheblich zur Eindämmung des Klimawandels beitragen, wie Rühli meint. Er sieht darin die einzigen Wege, von denen man sich im Kampf gegen den Klimawandel eine Wirkung erhoffen könne.