Die Schweiz fällt im aktuellen Climate Change Performance Index (CCPI) um 12 Plätze auf den 33. Platz. Der Hauptgrund für den Absturz beim jährlichen Klimaschutz-Ländervergleich ist der Stillstand in der Klimapolitik bis 2030.
Mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 haben die unterzeichnenden Länder beschlossen, ihren CO2-Ausstoss zu verringern, um so die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu beschränken. Die Staaten wollten sogar versuchen, die Erwärmung auf 1.5°C (Celsius) zu begrenzen. Seit 2015 haben etliche Länder und der gesamte EU-Raum die Ambitionen tatsächlich erhöht. Nicht so die Schweiz; sie ist in den neun Jahren seit Paris unverändert bei ihrem zu schwachen Ziel für 2030 geblieben. «Dies obwohl klar ist, dass die Stabilisierung der Klimaerhitzung nur mit verstärkten Emissionsreduktionen vor 2030 erreicht werden kann», kritisiert Greenpeace Schweiz.
Schweiz muss die Anstrengungen für die Dekarbonisierung im Inland verdoppeln
Mit der aktuellen Schweizer Klimapolitik wird das maximal noch verbleibende CO2-Budget für die Einhaltung der 1.5°C-Grenze laut Greenpeace Schweiz garantiert überschritten. Das würden jüngste Budgetberechnungen im Rahmen der Auseinandersetzung zum KlimaSeniorinnen-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zeigen. Auch die Einhaltung der 1.5°C-Grenze sowie des vom Volk beschlossenen Zielpfades des Klimaschutzgesetzes (KlG) seien gefährdet, mahnt Greenpeace Schweiz. Um innerhalb des CO2-Budgets für die Einhaltung der 1.5°C-Grenze zu verbleiben, müsse die Schweiz die Anstrengungen für die Dekarbonisierung im Inland verdoppeln. Zusätzlich müssten Reduktionsmassnahmen in anderen Ländern verstärkt unterstützt werden. «Der globale Klimaschutz kann nur gelingen, wenn alle Länder entsprechend ihrer Wirtschaftskraft einen angemessenen Beitrag leisten», propagiert Greenpeace Schweiz.
Es geht auch besser
Wie es besser geht, zeigen erneut die skandinavischen Länder, allen voran Dänemark. Das Land verfolgt eine ambitionierte Klimapolitik und führt, wie schon in den vergangenen Jahren, das Rating an. Beispielsweise verfolgt Dänemark seit über zehn Jahren eine konsequente und erfolgreiche «Wärmewende». Öl- und Gasheizungen machen heute nur noch einen geringen Anteil aus. Im Verkehrsbereich gibt Norwegen den Ton an und plant bereits für das kommende Jahr ein Verbot für Neuautos mit Verbrennungsmotor.
Bundesrat und Parlament sind nicht gewillt, ausreichende Massnahmen festzulegen
Im kommenden Jahr treten gleich mehrere klimarelevante Gesetze und Revisionen in Kraft. «Bei der Ausarbeitung der entsprechenden Verordnungen hätte der Bundesrat zahlreiche vom Volk legitimierte Möglichkeiten, um in Sachen Klimaschutz nachzubessern, nutzt diese jedoch nicht. So bleibt beispielsweise die dringende Notwendigkeit, im Rahmen des Klimaschutzgesetzes KIG auch die Finanzbranche stärker auf Klimaschutz auszurichten, praktisch unangetastet. Auch fehlt bislang die Umsetzung der Vorbildrolle von Bund und Kantonen, wie sie im Gesetz zwingend vorgesehen ist», kritisiert Georg Klingler, Experte für Klimafragen bei Greenpeace Schweiz. Entsprechend schneide die Schweiz beim aktuellen Climate Change Performance Index im Bereich «Climate Policy» besonders schlecht ab und sei nun auf Rang 48 gelandet.
Klingler fährt fort: «Die Lösungen sind längst auf dem Tisch. Eine rasche Dekarbonisierung ist nicht nur wichtig für die Wahrung der Menschenrechte, sondern auch für eine prosperierende Gesellschaft. Mit dem aktuellen klimapolitischen Rahmen mitsamt der Weigerung von Parlament und Bundesrat, das letztinstanzliche Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen, demontiert die Schweiz die 1.5°C-Grenze. Damit gibt unser reiches und fähiges Land unsere wahrscheinlich wichtigste Lebensversicherung auf.»
Schweiz verliert international zunehmend den Anschluss
Ähnlich sieht das Patrick Hofstetter, Energie- und Klimaschutzexperte des WWF Schweiz: «Im politischen System der Schweiz hat das Volk das letzte Wort und gibt der Politik ihren Handlungsspielraum vor. Doch entgegen vielfacher Behauptungen ist dieser Spielraum insbesondere beim Klimaschutz noch lange nicht ausgereizt. Im Gegenteil: Bei der Ausgestaltung des Klimaschutz- und des CO2-Gesetzes kratzt der Bundesrat gerade mal am notwendigen Minimum und wird damit weder dem Volkswillen noch den internationalen Verpflichtungen gerecht. Mit dieser unverständlichen Verweigerungstaktik vergibt die Schweiz eine wichtige Chance und verliert international zunehmend den Anschluss.»