Die Digitalisierung stell hohe Herausforderungen an die Unternehmen. Sei es beim Datenschutz, beim Einsatz von KI oder den Umwelt- und sozialen Auswirkungen ihrer digitalen Systeme. Trotz Fortschritten mangelt es noch erheblich an Transparenz.
Gute Governance definiert die Qualität der Unternehmensführung. Das betrifft auch die digitale Verantwortung von Schweizer Unternehmen. Ethos, die Schweizerische Stiftung für nachhaltige Entwicklung, und ihr Partner EthicsGrade interessieren sich dafür, wie die grössten in der Schweiz kotierten Unternehmen mit den Herausforderungen der Digitalisierung umgehen. Sie haben dazu eine zweite Studie veröffentlicht. Analog zur Studie von 2021 haben sie untersucht, wie die 48 Unternehmen des SMI Expanded die digitalen Herausforderungen in sieben Bereichen bewältigen: Governance, Transparenz, Datenschutz, Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), Management sensibler Aktivitäten und soziale- und Umweltauswirkungen. Diese Bereiche beziehen sich auf die sieben Prinzipien, die Ethos für die digitale Verantwortung identifiziert hat.
Digitalisierung bestimmt immer mehr unser Leben
Tatsächlich haben die Herausforderungen in Zusammenhang mit der Digitalisierung der Wirtschaft in den letzten Monaten weiter zugenommen. Dabei geht es um Cyberangriffe ebenso wie um KI oder ChatGPT, die immer mehr in unser Leben eindringen. Parallel dazu entwickeln und verschärfen sich die Vorschriften und schaffen neue Verpflichtungen, aber auch neue Risiken für die Unternehmen. Das neue Schweizer Datenschutzgesetz wird im kommenden September in Kraft treten, während die Europäische Union an ihrem Rechtsrahmen rund um die KI feilt.
Sensibilisierung der Unternehmen steigt
Ethos hat festgestellt, dass die Anzahl der Unternehmen, die bereit waren, den Fragebogen zu beantworten, im Vergleich zu 2021 von 12 auf 18 Unternehmen (von insgesamt 48) gestiegen ist. Bei den anderen 30 Unternehmen basiert die Bewertung ausschliesslich auf öffentlichen Informationen, die von den EthicsGrade Teams identifiziert und analysiert wurden.
Unternehmen haben sich verbessert
Die zweite Feststellung ist, dass sich die Punktzahlen erheblich verbessert haben. So erreichten sieben Unternehmen mehr als 50 Punkte (von 100), während im letzten Jahr nur drei Unternehmen mehr als 20 Punkte erreichten. Der Durchschnitt stieg von 10,5 auf 22,8 Punkte, mit einem Maximum von 87 Punkten für die Swisscom, die dieses Jahr die Rangliste anführt. Nur fünf Unternehmen erzielten ein schlechteres Ergebnis als im Jahr 2021.
Umweltauswirkungen der digitalen Technologien sollen reduziert werden
Weitere positive Punkte sind, dass nun 33 Unternehmen (25 mehr als im Vorjahr) angeben, Anstrengungen unternehmen zu wollen, um die Umweltauswirkungen ihrer digitalen Technologien zu reduzieren. Auch versichern 22 Unternehmen (18 mehr als 2021), dass sie den Datenschutz bereits bei der Konzeption eines Produkts oder einer Dienstleistung berücksichtigen würden (sogenannter ‘Privacy by Design’-Ansatz).
Transparenz weist noch einen eklatanten Mangel auf
Doch nicht alle Ergebnisse der neuen Studie seien ermutigend, kritisiert Ethos. Erstens habe eine Mehrheit der Unternehmen den verschickten Fragebogen gar nicht beantwortet. Während der Durchschnitt bei den 18 Unternehmen, die den Fragebogen beantwortet hätten, 42.4 Punkte betrage, sei er bei den 30 anderen Unternehmen auf 11.1 Punkte gesunken.
Darüber hinaus seien die Unterschiede zwischen den Punkten, die auf den Antworten der Unternehmen beruhten, und den Punkten, die auf öffentlich verfügbaren Informationen (Jahresbericht, Website usw.) basierten, teilweise erheblich. Würde man sich nur auf öffentlich zugängliche Informationen verlassen, läge der Durchschnitt bei 11,2 Punkten (8,5 Punkte im Jahr 2021) und nur vier Unternehmen würden eine Punktzahl von mehr als 20 erreichen.
Gemäss Ethos belegen diese Unterschiede, dass es seitens der Unternehmen immer noch einen grossen Mangel an Transparenz gibt. Wie die öffentliche Meinung jedoch zeige, gewinne die digitale Verantwortung immer mehr an Bedeutung, und Schweizer Unternehmen könnten es sich nicht leisten, in diesen Fragen zurückzubleiben.
Investoren können Verbesserungen anregen
Ethos weist einmal mehr darauf hin, dass Investoren eine wesentliche Rolle dabei spielen, börsenkotierte Unternehmen zu Verbesserungen zu bewegen. Die Stiftung räumt jedoch ein, dass der Dialog weiter intensiviert werden müsse. Es reiche nicht mehr aus, Fragen im Rahmen eines Fragebogens positiv zu beantworten. Es sei vielmehr an der Zeit, dass Unternehmen transparenter würden, indem sie relevante Informationen über das, was sie tun, um den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen, veröffentlichten.
Eine dritte Studie ist für 2023 geplant.