Nach einem beispiellosen Wachstum im Bereich der ‘Environmental, Social and Governance’ (ESG) Investitionen sowie der nachhaltigen Finanzierung insgesamt hat das Marktinteresse in jüngster Zeit spürbar nachgelassen. Woran liegt das?
Die nachhaltige Finanzierung verfolgte ursprünglich vor allem das Ziel, ESG-bezogene finanzielle Risiken zu managen, die Unternehmen, Investitionen und das Wirtschaftswachstum wesentlich beeinträchtigen könnten. Im Laufe der Zeit hat sich dieses Verständnis weiterentwickelt und umfasst heute auch explizit die Erzielung positiver ökologischer und sozialer Wirkungen (Impact). Ohne nachhaltige Finanzierungsansätze drohen den Finanzmärkten zunehmende Anfälligkeiten gegenüber klimabedingten Extremereignisse, dem Verlust an Biodiversität sowie wachsenden sozialen Ungleichgewichten – Risiken, die letztlich das gesamtwirtschaftliche Wachstum und die Stabilität gefährden und gesellschaftliche Spannungen verstärken könnten. So erklären es Prof. Philipp Krueger, SFI Senior Chair und Professor für Responsible Finance an der Universität Genf, und Dr. Cyril Pasche, SFI Senior Director, welche beide die wachsende Ernüchterung über ESG-Investitionen und nachhaltige Finanzierung untersuchen.
Rückgang des Marktinteresses liegt an verschiedenen Faktoren
In der ‘SFI Public Discussion Note’ zum Thema «Ermüdungserscheinungen in der nachhaltigen Finanzierung: Ursachen und Dynamiken» führen die Studienautoren den Rückgang des Interesses auf eine Kombination verschiedener Faktoren zurück, darunter die rückläufige Performance von ESG-Fonds, zunehmender politischer Widerstand, insbesondere in den USA, regulatorische Überfrachtung und wachsende Bedenken hinsichtlich Greenwashing und bedingter realer Wirkung.
Langfristige strukturelle Treiber stützen nachhaltiges Investieren
Trotz dieser Gegenwinde betonen die Autoren, dass wichtige Segmente – wie grüne Anleihen, grüne Kredite und thematische ESG-Strategien – widerstandsfähig bleiben und dass langfristige strukturelle Treiber wie Klimarisiken, hohe CO₂-Preise und Präferenzen der jüngeren Generationen nachhaltiges Investieren weiterhin stützen.
Die Autoren fordern eine pragmatische Neukalibrierung der ESG-Strategien: eine, die sich auf finanzielle Wesentlichkeit, messbare Wirkung und glaubwürdige Umsetzung konzentriert – weniger anfällig für Hype, aber besser geeignet, Ergebnisse zu liefern.