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Nachhaltigkeit umfasst auch gute Governance von Unternehmen

Verwaltungsräte im Finanzdienstleistungssektor haben in den letzten Jahren Fortschritte erzielt. In Bezug auf Nachhaltigkeit, Technologie und Diversität bleiben sie aber hinter den Erwartungen der Anleger zurück.

Europäische Finanzdienstleister – darunter zehn mit Hauptsitz in der Schweiz – erfüllen zwar die Erwartungen der Aktionäre in den traditionellen Bereichen der im Verwaltungsrat vertretenen Erfahrung, zu denen Politik, Finanzwesen, Recht und Compliance gehören. Verwaltungsräte mit Erfahrung in den Bereichen Nachhaltigkeit, FinTech und Cybersicherheit sind Anlegern zufolge jedoch untervertreten. Dies geht aus dem ersten ‘EY European Financial Services Boardroom Monitor’ hervor.

Bei der Geschlechterdiversität liegen die Verwaltungsräte unter den Erwartungen

44% der befragten Anleger geben an, dass die Geschlechterdiversität eines Verwaltungsrats ihre Entscheidung, in ein Finanzdienstleistungsunternehmen zu investieren, erheblich beeinflusst, während nur 16% sagen, dass dies ihre Entscheidung überhaupt nicht beeinflusst. Obwohl in allen untersuchten Finanzdienstleistungsunternehmen Frauen in den Verwaltungsräten vertreten sind, liegt das Verhältnis der Geschlechter derzeit bei 37% Frauen und 63% Männern. Bei den Schweizer Banken beträgt die Geschlechterverteilung ebenfalls 37% Frauen und 63% Männer, bei den Versicherungen 36% Frauen und 64% Männer. Die grösste geschlechtsspezifische Diversität mit 41% Frauen und 59% Männern ist bei den Verwaltungsratsmitgliedern von Vermögensverwaltern und Asset Managern zu finden. Die Daten des EY Boardroom Monitor deuten jedoch darauf hin, dass Frauen in den Verwaltungsräten zunehmend besser vertreten sind. Die Analyse zeigt, dass 42% der Verwaltungsratsmitglieder, die in den letzten drei Jahren ernannt wurden, Frauen sind.

Diversität im Verwaltungsrat umfasst viele Bereiche

«Geschlechterdiversität in Verwaltungsräten ist wichtig, aber Diversität betrifft nicht nur das Geschlecht. Es geht auch um Diversität in Bezug auf Alter und Kompetenzen», kommentiert Andreas Blumer, Verwaltungsrats-Präsident von EY in der Schweiz. In der Schweiz, so Blumer, kann auch regionale Vielfalt sehr wichtig sein, damit ein Verwaltungsrat wirksam agieren kann: «In einem Land mit mehr als einer Amtssprache kann es sinnvoll sein, dass alle Sprachen im Verwaltungsrat vertreten sind. Dies trifft auch zu, wenn ein Unternehmen weltweit tätig ist: Es kann entscheidend sein, dass in einem Verwaltungsrat Mitglieder aus verschiedenen Ländern und Kontinenten, insbesondere aus Asien, vertreten sind.»

Was die Altersvielfalt betrifft, so sind 45% der Aktionäre der Meinung, dass in den Verwaltungsräten von Finanzdienstleistern ein breites Altersspektrum vertreten sein muss, damit der Verwaltungsrat im digitalen Zeitalter effektiv agieren kann. Knapp ein Drittel (31%) der Aktionäre ist der Ansicht, dass in den Verwaltungsräten keine Vertreter aus einem breiten Altersspektrum vertreten sein müssen. Dennoch verfügen nur 8% der untersuchten Unternehmen über Verwaltungsratsmitglieder, die jünger als 40 Jahre sind.

Erfahrung im Bereich der Nachhaltigkeit ist sehr gefragt

Mehr als die Hälfte (51%) der Anleger sind der Meinung, dass die Erfahrung des Verwaltungsrats im Bereich der Nachhaltigkeit einen «bedeutenden» Einfluss auf die Attraktivität eines Unternehmens hat, wobei 22% sogar der Meinung sind, dass dies einen «sehr bedeutenden» Einfluss auf die Anlageentscheidung für oder gegen ein Unternehmen hat. Allerdings verfügt weniger als ein Fünftel (19%) der untersuchten Unternehmen über Verwaltungsratsmitglieder mit Erfahrung im Bereich Nachhaltigkeit. Versicherer sowie Vermögensverwalter und Asset Manager liegen deutlich hinter den Banken zurück, wenn es um Nachhaltigkeitserfahrung im Verwaltungsrat geht. Während in 34% der Bankverwaltungsräte Personen mit Nachhaltigkeitshintergrund sitzen, verfügen nur 11% der Vermögensverwalter und Asset Manager und nur 4% der Versicherer über ähnliche Erfahrungen auf Verwaltungsratsebene.

Es kann sich lohnen, vertieftes Wissen einzukaufen

Die Wahrscheinlichkeit, dass Verwaltungsratsmitglieder über Nachhaltigkeitserfahrungen verfügen, ist in der Schweiz sehr gering: Nur 1% der Verwaltungsratsmitglieder in Schweizer Unternehmen weist berufliche Erfahrung im Bereich Nachhaltigkeit auf. Die Daten des EY Boardroom Monitor deuten jedoch darauf hin, dass sich der Trend zur Ernennung von Verwaltungsratsmitgliedern mit Nachhaltigkeitserfahrung beschleunigt. Wie Blumer erklärt, sei das erforderliche Fachwissen sehr spezifisch. Verwaltungsratsmitglieder müssten über ein breites Wissen verfügen, um in vielen Bereichen kompetent handeln zu können. Es sei daher oft besser, vertieftes Wissen in einem bestimmten Bereich wie etwa Nachhaltigkeit einzukaufen: «Wenn ein Verwaltungsrat über ein ESG-Thema entscheiden muss, dann zieht man ESG-Spezialisten von aussen hinzu, die das Thema beleuchten, damit der Verwaltungsrat anschliessend seine Entscheidung fällen kann.»

Erfahrung mit FinTech wird immer wichtiger

Bei der Betrachtung der Finanzunternehmen fällt auf, dass die Erfahrung mit FinTech und Technologie im Allgemeinen bei den Versicherern am geringsten ist. Die Mehrheit (54%) der Anleger in Finanzunternehmen ist jedoch der Meinung, dass Unternehmen über Erfahrungen im Bereich FinTech auf Verwaltungsratsebene verfügen sollten. Allerdings verfügen nur 9% der untersuchten Finanzdienstleister in ihren Verwaltungsräten über Erfahrungen in diesem Bereich. Banken, Vermögensverwalter und Asset Manager weisen in ihren Verwaltungsräten deutlich mehr FinTech-Erfahrung auf als Versicherer. Sowohl bei den Banken als auch bei den Vermögensverwaltern und Asset Managern verfügen 11% über Verwaltungsratsmitglieder mit Erfahrung mit FinTech. Nur 4% der Versicherer haben einen ähnlichen Erfahrungsstand. Die Studiendaten zeigen aber, dass die FinTech-Erfahrung für Verwaltungsräte von Finanzdienstleistern immer wichtiger wird. So sind 88% der Verwaltungsratsmitglieder mit FinTech-Erfahrung innerhalb der letzten vier Jahre ernannt worden.

Cybersicherheit wird zum Muss

Mehr als die Hälfte (53%) der Aktionäre ist der Ansicht, dass es ein «erhebliches Problem» darstellt, wenn der Verwaltungsrat eines Unternehmens wenig oder gar keine Erfahrung im Bereich der Cybersicherheit hat. Doch während 53% der Finanzdienstleistungsunternehmen mindestens ein Verwaltungsratsmitglied mit Tech-Erfahrung haben, gibt es in keinem der untersuchten Finanzdienstleistungsunternehmen Verwaltungsratsmitglieder mit Berufserfahrung im Bereich Cybersicherheit. In den Verwaltungsräten von Versicherern gibt es deutlich weniger Technologieerfahrung als bei Banken, Vermögensverwaltern und Asset Managern. Während 63% der Banken und 56% der Vermögensverwalter und Asset Manager in ihren Verwaltungsräten über Personen mit Technologieerfahrung verfügen, sind es bei den Versicherern nur 42%. Auch hier zeigt die Studie, dass die Verwaltungsräte Massnahmen ergreifen, um diese Kompetenzlücke zu schliessen.

HR ist ein neuer Schwerpunktbereich für Verwaltungsräte

Der EY Boardroom Monitor zeigt, dass 20% der Verwaltungsräte von Finanzdienstleistern derzeit über mindestens ein Verwaltungsratsmitglied mit Berufserfahrung im Bereich Human Resources (HR) verfügen, von denen die Hälfte (50%) in den letzten drei Jahren in diese Funktion berufen wurde. Dies deutet laut Bruno Patusi, Country Leader Financial Services bei EY in der Schweiz darauf hin, dass HR in den letzten Jahren auf Verwaltungsratsebene immer mehr in den Mittelpunkt gerückt ist. Und er fasst zusammen: «Der effektivste Verwaltungsrat im Finanzdienstleistungssektor ist einer, der in der Lage ist, dem Markt vorauszudenken, Veränderungen vorwegzunehmen, die Strategie zu beeinflussen und Risiken besser zu managen. Um dies tun zu können, benötigen Verwaltungsräte zunehmend ein besseres Verständnis von Nachhaltigkeit und Technologie.» Laut Patusi kann dies am besten dadurch erreicht werden, dass die Verwaltungsratsmitglieder dieses Wissen direkt vertreten.

Über den Boardroom Monitor von EY

Der Boardroom Monitor von EY in der Schweiz gibt Aufschluss über die Erfahrung, die Ausbildung und die Kompetenzen von Verwaltungsratsmitgliedern im MSCI European Financials Index und in mehreren weiteren grossen nationalen Institutionen. Zu den von der Studie erfassten Unternehmen gehören zehn grosse Schweizer Unternehmen aus der Finanz- und Versicherungsbranche mit insgesamt 110 Verwaltungsratsmitgliedern.