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Anleger erwarten einen Mindeststandard für nachhaltige Geldanlagen

Der Klimawandel verleiht nachhaltigen Geldanlagen neuen Schub. Viele Finanzdienstleister lancieren Produkte, die neben finanziellen auch ökologischen und sozialen Ansprüchen genügen sollen. Verbindliche Standards fehlen jedoch.

Diesen Sommer wurden weltweit Rekordtemperaturen gemessen und katastrophale Überschwemmungen beobachtet. Wissenschaftler warnen vor einer Klimaerwärmung um 3 Grad Celsius bis zum Ende dieses Jahrhunderts, wenn die CO2- und Treibhausemmissionen nicht sofort und drastisch reduziert würden. Ziel des Pariser Klimaabkommens ist es, die Erderwärmung auf 1.5 Grad Celsius zu beschränken. Regierungen entwerfen Strategien und geben Umsetzungsziele vor, wozu auch die Finanzindustrie gefordert ist.

Markt für nachhaltige Anlagen wächst rasant

Diese Entwicklungen beeinflussen auch das Anlageverhalten vieler Investoren und Sparer. Sie wollen ihr Geld nachhaltig anlegen, wollen dabei Kriterien aus den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) berücksichtigen. Tatsächlich hat das Volumen nachhaltiger Geldanlagen in den letzten Jahren stark zugenommen. Ein Blick auf die Zahlen von Swiss Sustainable Finance (SSF) zeigt, dass sich das Anlagevolumen in der Schweiz von 2014, mit rund 71 Milliarden Franken, bis 2018, mit 717 Milliarden Franken, verzehnfacht hat. Davon sind rund 90% den institutionellen Anlegern zuzurechnen.

Immer mehr Kunden wollen nachhaltig investieren

Der wichtigste Treiber für das Marktwachstum von nachhaltigen Geldanlagen ist die steigende Kundennachfrage, insbesondere von institutionellen Anlegern wie Pensionskassen und Versicherungen. Denn die Mehrheit der Pensionskassen-Versicherten erwartet, dass ihre Vorsorgegelder klimaverträglich, sprich im Einklang mit den Pariser Klimazielen, angelegt werden. Aber auch wohlhabende Privatkunden und selbst die breitere Privatkundschaft im Retailbanking wollen nachhaltig investieren. Das geht aus einer Umfrage des Forschungsinstituts GFS-Zürich im Auftrag von Greenpeace Schweiz hervor.

Anleger erwarten einen Mindeststandard für nachhaltige Geldanlagen

Nach Auffassung vieler Anleger sollten als nachhaltig angepriesene Anlageprodukte einen Mindeststandard einhalten. Rund ein Drittel der Befragten ist der Ansicht, dass sogenannt nachhaltige Anlageprodukte Kapital umverteilen müssen: Das heisst, die entsprechenden Finanzprodukte müssen mehr Geld in nachhaltigere Unternehmen als in weniger nachhaltige Unternehmen leiten. Auch Greenpeace fordert für Anlagefonds, die als nachhaltig bezeichnet werden, einen Mindeststandard. Leider ist es nachhaltigen Anlagefonds bislang nicht besser als konventionellen Fonds gelungen, mehr Kapital in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft zu lenken, wie eine Studie von Greenpeace Schweiz und Greenpeace Luxemburg zeigt. Die meisten untersuchten Produkte sind auch in keiner Weise mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibel, welches die Schweiz ratifiziert hat.

Einheitliche Standards

fehlen Viele Finanzinstitute und Pensionskassen arbeiten daran, mehr nachhaltigkeitsrelevante Informationen offenzulegen. Allerdings fehlt es an verbindlichen Standards für die Messbarkeit und Berichterstattung, wie eine KPMG-Studie belegt. Das führt dazu, dass die Finanzinstitute selbst entscheiden, ob und wie sie Nachhaltigkeitsüberlegungen in ihr Geschäftsmodell integrieren wollen. Schwierig ist auch die Vergleichbarkeit von Anlagen die als nachhaltig angepriesen werden. Dies führt einerseits dazu, dass in gewissen Bereichen verlässliche Daten noch gar nicht verfügbar sind, welche für das Treffen von nachhaltigen Anlageentscheiden notwendig sind. Andererseits sind fehlende Standards auch ein Grund dafür, dass Unternehmen nicht immer alle relevanten Informationen ausweisen, die für die Destinatäre oder Investoren von Bedeutung wären.

Druck auf Produktanbieter dürfte zunehmen

Aufgrund der Sensibilität gerade auch der jüngeren Generationen gegenüber Nachhaltigkeitsaspekten dürfte der Druck auf die Institute aber weiter zunehmen. Die Offenlegung von Information zur Nachhaltigkeit dürfte in nicht allzu ferner Zukunft also Marktstandard sein und von unabhängigen Dritten geprüft werden.